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Tuesday, August 08, 2006

U-Bahnfahrt

Ich stehe in der U-Bahn und fahre nach Hause. Auf der Sitzbank in der Ecke des Wagons sitzt ein alter Mann, den seine gesellschaftliche Zugehoerigkeit stigmatisiert hat. Er traegt einfache, dunkelblaue Textilfreizeitschuhe, ueber seinen Knoecheln werfen die beigen Socken Falten. Er hat ein hellblaues Hemd an, welches ganz geoeffnet ist, sodass man den blossen Oberkoerper sieht. Sein kahlrasierter Kopf ist bedeckt von einer Baseballmuetze in gleicher Farbe. Sein schmales Gesicht ziert eine dezent getoente Nickelbrille, die kaum auffaellt, wenn man in sein vom LEben gepraegtes Gesicht blickt. Der Mann ist sicher weit ueber 70 und hat selbst im Sitzen Schwierigkeiten, seinen Koerper aufrecht zu halten. An der naechsten Haltestelle nehmen zwei alte Damen neben ihm Platz. Er beginnt ein Gespraech mit ihnen, zuerst ueber meine Koerpergroesse, dann ein Alltagsplausch. Waehrend der einen Frau direkt neben ihm das Unbehagen der Situation aus dem eingefrorenen Gesicht abzulesen ist, erfreut sich die andere lachend am Gespraech mit dem gestikulierenden, alten Mann, dessen Stimme ein wenig den Klang eines eiernden Rades nachzuahmen scheint. Ich mustere den MAnn, auf seinen Waden und dem rechten Handgelenk scheinen undefinierbare Taetowierungen. Seinen Ringfinger ziert ein dunkelblauer, eintaetowierter Ring mit der Form eines grossen, eckigen Edelsteines. Der alte Bauch wirft sich in Falten ueber den Bund seiner beigen BErmuda und die schmale Brust ist als solche kaum zu erkennen. Zwei grosse Drachenfluegel sind vor langer Zeit durch die Hand eines Kuenstlers dort entstanden, schuppig und imposant treten sie under dem geoeffneten Hemd hervor. Stolz laesst der alte Mann jeden sofort erkennen, wer er ist, jeden wissen von seinem Leben, das unter die Haut geht. An seinem rechten kleinen Finger fehlt das erste Glied, am linken sogar zwei. Mit der Zeit beteiligt sich auch die andere Frau lebhaft am netten Smalltalk mit dem alten Mann. Es scheint, als haben die Worte eines freundlichen, alten Mannes sein aeusseres Stigma verschwinden lassen und fuer einen Moment vergessen lassen, dass er ein Yakuza ist.

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